Das Sankrantifest - Der Tag der Transformation

Balvikas-Konferenz in der Purnachandrahalle zum 50jährigem Jubiläum am 6. Januar 2019

Sairam, ihr Lieben,

Mitte Januar wird in Indien das heilige Sankrantifest gefeiert. Es ist ein Sonnwend- und zugleich ein Erntedankfest. Sankranti bedeutet wörtlich „Transit, Übergang“ und bezeichnet in diesem Zusammenhang den Übergang der Sonne von einem Tierkreiszeichen in ein anderes. Um den 13./14./15 Januar findet laut der indischen astrologischen Einteilung Makarasankranti statt, der Eintritt der Sonne in das Tierkreiszeichen des Steinbocks. Dieser Tag wird auch Mahasankranti genannt, das große, erhabene Sankranti, denn die Sonne ändert an diesem Tag ihren Lauf und beginnt, nordwärts zu wandern. Es ist der Anfang von Uttarayana, dem Halbjahr, in dem die Sonne sich nordwärts bewegt. Diese Zeit gilt als spirituell besonders günstig. In der Geschichte des Mahabharata wartete der große Krieger Bhisma 56 Tage lang auf dem Schlachtfeld, auf Pfeilen liegend, auf diesen segensreichen Tag Sankranti, um seine sterbliche Hülle abzulegen. Ein anderer Name für diesen Tag ist Sankramana, d.h. „es beginnt, sich zu bewegen“. Die Tamilen nennen diesen Festtag Pongal.

Die Reise nach Norden ist laut Sathya Sai Baba symbolisch zu verstehen: Im Norden befindet sich das mächtige Himalayagebirge, auch Himachal genannt. Hima bedeutet Eis. Hima steht für Reinheit und vollkommenes Weiß, und achala bedeutet unerschütterlich´und stetig - Symbol für einen reinen, stetigen Geist und ein reines, stetiges Herz. „Dieses reine, makellose, heilige, unerschütterliche Empfinden sollte euer Herz erfüllen. Ein Herz voller Frieden, ein reines, stetiges Herz, welches nicht verunreinigt ist, ist Himachala.“ (Sathya Sai Baba, Ansprache 14.1.1998). Es geht also nicht darum, körperlich nach Norden zu reisen: „Die Reise nach Norden bedeutet, den Geist nach innen zu richten, zum Herzen zu senden…Allein Atman, das göttliche Selbst, dauert an, es ist rein, makellos und verleiht wahre, unsterbliche, unendliche Glückseligkeit. Es ist das Zentrum der Befreiung. Zum göttlichen Selbst, zum Atman zu reisen, ist wahre spirituelle Disziplin. Auf diese Weise steht Sankranti für die Schau nach innen, für ein reines Herz und das makellose Prinzip. Sankranti ist die Zeit, wenn die Sonne äußerlich ihren Lauf Richtung Norden beginnt, und wenn innerlich der Geist zum göttlichen Selbst reist.“ (Sathya Sai Baba, Ansprache 15.1.1996).

Sankranti ist zugleich ein Erntedankfest. Swami begann viele seiner Sankrantiansprachen mit dem folgenden wunderschönen Gedicht:

Die Sonne trägt ein friedvolles Antlitz,
die Tage werden kürzer
und die Kälte hat sich verschärft.
In der monderleuchteten Nacht singen die Bauern
auf den Feldern aus voller Kehle ihre Lieder,
während sie die Ernte einsammeln.
Einfach und sanft naht Sankranti heran
und lässt das Korn in den Feldern wie Perlenketten aussehen.
Die roten Chilies gleichen Rubinen
und die gelben Blumen stehen in voller Blüte.
Diese Jahreszeit füllt unsere Häuser mit Getreide und bringt uns Wohlstand und Glück.

Der Bauer genießt im Kreise seiner Familie einen Ruhetag. Das frisch geerntete Getreide wird Gott dargebracht und zum ersten Mal gekocht. Es ist eine Zeit des freudevollen Gebens. Bedienstete und Arme werden gespeist und gekleidet. Der Tag vor Sankranti, der 13.1., wird Bhogi genannt. An diesem Tag wird das Haus - auf spiritueller Ebene das Herz – „ausgemistet“ und von allem Unreinen befreit. An Sankranti selbst werden Süßspeisen und süßer Reis gekocht. In manchen Gegenden ist es Tradition, den Reis in Milch zu kochen, und wenn die Milch überkocht, tanzen Frauen und Kinder um den Topf herum und rufen „Pongal, Pongal!“ Am Tag nach Sankranti wird die Kuh verehrt, und Vögel und andere Tiere werden ebenfalls gefüttert. Mit dem eigenen Haushalt beginnend, dehnt sich so das Herz auf alle lebenden Geschöpfe aus. „Sankranti wird von der gesamten Familie der Menschheit gefeiert. Familie umfasst die gesamte Welt.“ (Sathya Sai Baba, 15.1.1996)

Dieser Tag gilt also als spirituell besonders segensreich. In den heiligen Flüssen Indiens wird an diesem Tag ein heiliges, läuterndes Bad genommen. Sathya Sai Baba hat diesen Tag den „Tag der Transformation“ genannt: „Auch wenn man sich dessen nicht bewusst ist: Sankranti schenkt Freude und Frieden. Ob man Feuer wissentlich oder versehentlich berührt – es verbrennt. Ebenso schenkt Sankranti die innere Erfahrung, ob man sich dessen bewusst ist oder nicht. Sankranti bringt geistige Transformation, eine Änderung im Verhalten; es schenkt uns inneres Licht. Sankranti bringt die inneren Empfindungen zum Vorschein und Ausdruck. Sankranti manifestiert und drückt das Atmanprinzip aus, das verborgen, innerlich, unsichtbar ist.“ (15.1.1996)

„Die Botschaft von Sankranti besteht darin, dass wir in uns Frieden und Leuchtkraft entwickeln, das verbreiten und mit anderen teilen sollten. Seid niemals selbstsüchtig und engstirnig. Entwickelt das Empfinden, dass die ganze Welt zu euch gehört. Sankranti lehrt diese Weitherzigkeit und Unendlichkeit.“ (15.1.1996).


Susan Boenke, Prashanti Nilayam

 

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